Patchwork Erfahrungsbericht – Leben zu Sechst: Patchwork? PATCH WORKS!

Wir leben Patchwork. Ich würde jetzt nicht soweit gehen, dass ich sage: wir LIEBEN Patchwork, denn das ist ein starkes Wort. Aber wir leben es sehr erfolgreich und vor allem: Glücklich! Wir sind eine Patchworkfamilie.

Dies ist jetzt für euch keine News, ich habe zwei Mädchen und beide Mädchen haben einen anderen Papa. Und trotzdem sind wir alle miteinander verbunden. Das war nicht immer so, aber heute ist es eine Selbstverständlichkeit. Und obwohl ich die ganz persönlichen Posts eigentlich etwas scheue, möchte ich heute ein wenig darüber schreiben, weil ich vielleicht dem Ein- oder Anderen zeigen kann, dass es geht. Und dass man auch nach Trennung und Schmerz viel Glück ins Leben bringen kann – vor allem aber auch: ins Leben der Kinder.

Erfahrungsbericht Patchwork Familie

Meine Erstgeborene war drei Jahre alt, als wir uns getrennt haben: Ihr Papa und ich. Es ist schwer, sich anfangs in diesem neuen Leben zu finden. Es ist nicht einfach, zu wissen, welche Rolle man nun alleine zu erfüllen hat – und ich glaube, gerade bei Papas gibt es auch die Sorge, KEINE Rolle mehr zu spielen. Und diese Sorge ist leider auch berechtigt, weil es Mamas gibt, die so verletzt und enttäuscht wurden, dass sie einfach nicht möchten, dass das eigene Kind zum eigenen Vater noch Kontakt hat.
Aber: In Trennungssituationen wird jeder Beteiligte verletzt und enttäuscht. Es ist an uns Eltern, die neue Situation für das Kind so schmerzfrei wie möglich zu gestalten. Ganz gelingen wird das glaube ich nie. Aber wir können und müssen diesen Weg mit unseren Kindern so gehen, dass der Schmerz für sie lebbar ist. Trennung heißt auch Trauer. Und Trauer ist ein einsames Gefühl. Das fühlt sich schon für uns Erwachsene oft unüberwindbar an. Noch wichtiger also ist es, hier ganz besonders dem Kind beizustehen und die eigenen Emotionen zurückzustellen.Natürlich ist es aber bei all den Gefühlen, die in einer Trennung mitspielen, und all den Ängsten, völlig menschlich, wenn man diesen konstruktiven Weg kurzzeitig verlässt. Und ich finde, das ist auch gar nicht schlimm. Wir alle haben Herzen und wenn die gebrochen sind, kann man nicht immer so handeln, wie es vielleicht von außen betrachtet das Richtige wäre. Was man aber kann, und was man als Mama und Papa auch einfach MUSS, ist:
Zurück finden in die neue, ganz andere Gemeinsamkeit. Ein Kind verbindet bis in die Ewigkeit. Und aus diesem Grund ist eine Trennung mit Kind nicht zu vergleichen mit Trennungen, die man sonst kennt. Ob man den Ex nicht mehr mag, hasst, vielleicht sogar verachtet – das gemeinsame und geliebte Kind ist und bleibt immer ein Verbindungsglied. Und das ist eine wunderbare Chance! Nicht nur, dass es unsere Aufgabe als Eltern ist, diese Chance wahrzunehmen und zu leben, vielmehr ist es auch verdammt nochmal unser aller Pflicht, das Beste für unser Kind zu tun. Und wenn ein kleiner Mensch den großen Papa abgöttisch liebt, dann müssen wir diese Liebe stärken und dürfen uns nicht dazwischen stellen.

PAPA IST DER BESTE

Ihr Papa ist der Beste. Das war schon immer so. Und natürlich war das auch nach der Trennung so. Ich bin sicher, für jedes Kind ist der eigene Papa der Beste. Und ganz egal, welche Gefühle man als Mama dann in einer Trennungsphase zum Vater des Kindes hat – sie zählen nicht. Meine Sicht hat in diesem Prozess keine Gewichtung. Mein Kind, mein Mädchen liebt ihren Papa bis zum Mond und zurück und ich als Mama muss ihr ermöglichen, dass sie diesem starken Gefühl Raum geben darf. Ich muss es möglich machen, dass sie diese Bindung leben kann. Dass sie ihn jederzeit anrufen darf. Dass sie ihn jederzeit besuchen kann. Und: Dass er sie jederzeit besuchen kann.

Das alles in die Tat umzusetzen und wirklich im Alltag zu leben, ist anfangs nicht einfach. Aber es geht. Ich habe nach einer gewissen Zeit den optimalen Weg gefunden. Nein, stimmt nicht. WIR alle haben den optimalen Weg gefunden!
Und so ist für mich ihr Papa bis heute ein wichtiger Teil meines Lebens. Das weiß meine Tochter und es macht sie glücklich.

Ihr Papa ist verheiratet, ich bin es auch. Es gibt also zwei Mamas und zwei Papas. So drückt sie es aus und so akzeptiere ich das.

Wir Mamas kümmern uns um die organisatorischen Dinge, wir schicken uns Pläne hin und her, tauschen uns aus und regeln terminliche Absprachen. Und übrigens: Wir mögen uns auch wirklich gerne.
Mein Mann und ich waren auf der Hochzeit der Beiden – und umgekehrt. Vor ein paar Wochen haben wir alle zusammen Sylvester gefeiert.

Das alles geht nicht nur, das alles macht großen Spaß, wenn man es einfach tut! Wenn man den Anderen eine Chance und sich selbst Zeit gibt und immer im Hinterkopf hat: Eigentlich wollen wir doch alle nur das beste für das gemeinsame Kind. Es hat nur eben jeder Mensch andere Schwerpunkte, das im Leben umzusetzen. Jeder macht das anders, aber am Ende wollen alle nur das Beste.

Ich glaube, dass das in ganz vielen Familien so ist, viele Frauen dann aber die „Neue“ aus Prinzip irgendwie doof finden.
Ich finde die Neue sowas von gar nicht doof. Aber das wusste ich anfangs nicht. Ich merkte aber, das meine Tochter sie wahnsinnig gerne hat. Dass sie von ihr erzählt. Dass sie gemeinsam Dinge unternehmen, die sie miteinander verbinden und ihre eigene Beziehung stärken. Und das fand ich gut. Ich finde und fand es von Anfang an gut, weil es meinem Kind dabei gut ging! (Und immer noch geht!  )
Im nächsten Jahr liegt die Trennung ganze zehn Jahre zurück. Wow! Das ist eine lange Zeit!

Eine wichtige Regel unter uns als Patchwork-Familie: sämtliche Orga läuft über uns Eltern. Wir Eltern treffen nach bestem Wissen und Gewissen die Entscheidungen, und dies gemeinsam. Mit zunehmendem Alter hat unsere Tochter natürlich mehr Freiheiten. Das finden wir wichtig. So durfte sie im vergangenen Jahr zum Beispiel erstmals alleine entscheiden wie und wo, also bei welcher Familie, sie wann an Weihnachten sein möchte. Das fand sie gut und wir haben uns alle damit arrangiert.

Was ich für mich gelernt habe:

Eigene Gefühle und Ärger auch mal zurückstellen
Auf Trennungskinder muss man besonders acht geben. Und aus diesem Grund ist es so wichtig, die eigenen Bedürfnisse und Emotionen auch mal hinten an zu stellen. Das heißt nicht, dass man dem Kind nicht auch mal sagen kann: Mir geht es heute nicht so gut. Damit meine ich vielmehr, die Gefühle zum getrennten Partner nicht vor dem Kind abzuladen.

Alle wollen nur das Beste

Jeder Mensch hat andere Charaktereigenschaften und Werte, um „das Beste fürs Kind“ zu tun. Ich kann mein Kind nur stärken, wenn ich ihm zeige, dass ich das, was Papa tut, auch gut finde. Natürlich funktioniert das nur, wenn Papa sich liebevoll um das Kind kümmert.

Gemeinsam Freuen 

Mein Trennungskind hat sich immer – und bis heute ist das so – sehr auf ihren Papa gefreut. Sich einfach mit dem Kind mitzufreuen, es in den Arm zu nehmen und zu sagen: “Juchu, heute ist endlich wieder Papa-Tag”, das gibt dem Kind ein gutes Gefühl. Sich gemeinsam freuen!

Respekt kann man zurück erlangen
Das A und O einer jeglichen Beziehung – und sei es nur die „Beziehung als getrenntes, neu verheiratetes Paar mit gemeinsamen Kind“ ist Respekt. Respekt kann in Trennungen verloren gehen, Respekt kann man aber zurückholen. Es ist nicht bequem und man muss sich vielleicht auch anstrengen. Aber wenn man dies tut, kommt der Respekt zurück. Und das ist sehr wichtig.

Konflikte ohne Kind
Konflikte jeglicher Art – mit dem Expartner oder der neuen Frau – gehören nicht zum Kind! Wenn es Schwierigkeiten gibt oder gab, haben wir das untereinander geklärt und unsere Tochter außen vorgelassen. Kinder bekommen ohnehin schon mehr mit, als wir glauben. Streit zwischen den Eltern muss nicht unbedingt sein, weil der bei Trennungen auch schon mal eskalieren kann.

Schuldgefühle nehmen
Trennungskinder haben oft Schuldgefühle oder besondere Ängste, die andere Kinder nicht haben. Es ist wichtig, dass man einen Weg findet, mit dem Kind darüber zu sprechen.
Als meine große Tochter klein war, habe ich ihr fiktive Geschichten des kleinen „Hase Hoppel“ erzählt. Anhand des Hasens habe ich unser Leben gespiegelt und sie dazu gebracht, sich wiederzufinden. Eines Tages sagte sie: „Mama, dem Hasen geht es ja wie mir!“ Und das war dem Moment, in dem das Eis gebrochen war. Und wir darüber sprechen konnten.

Ich glaube, man kann alles schaffen.
Dazu gehört auch, ein glückliches Trennungskind zu haben. Es dauert und braucht Zeit und viele Gespräche. Aber am Ende werden alle belohnt, wenn „Patch works.“

 

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13 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Genial. Wirklich toll geschrieben bzw. beschrieben. Das lässt mich hoffen das es bei uns vielleicht auch einmal so wird. 🙂 LG Claudia

    Antworten
  • Sehr schön geschrieben! Schön, dass ihr einen gemeinsamen Weg gefunden habt.
    Liebe Grüße,
    Ute

    Antworten
  • Das macht mir Mut und sind gute Anregungen um mit unserer schwierigen Situation umzugehen und in ein neues Leben zu starten! Vielen Dank!

    Antworten
    • Leonie Lutz
      2. Juni 2017 12:00

      Liebe Christin – das freut mich unglaublich, wenn ich MUT damit machen kann. Das war auch das Ziel, aber als Schreiber weiß man oft nicht, ob das für die Leserinnen auch so ankommt. Daher vielen lieben Dank für deine Worte!

      Antworten
  • Christiane
    2. Juni 2017 12:00

    Danke Dir…Stimme mit allen 5 Punkten komplett überein…Zeit spielt sicher noch eine sehr wichtige Rolle…Oberste Prioriät muss immer das Seelenheil des Kindes sein…egal, wie die Praxis dann aussieht…finde ich und lebe ich und leben wir auch so…Liebe Grüße aus der Nachbarschaft

    Antworten
    • Leonie Lutz
      2. Juni 2017 12:00

      Liebe Christiane, “Seelenheil” ist ganz ganz wunderbares Wort. Schade, dass ich das nicht selbst eingebaut habe, aber dann vielleicht beim nächsten Mal 🙂 Viele liebe Grüße zurück! :))

      Antworten
  • yvette [engel+banditen]
    2. Juni 2017 12:00

    Hach, schön! Bei uns klappt das auch so gut. Mein Mann hat einen Sohn (inzwischen studiert er schon), den ich kennengelernt habe, als er 3 war. Wir mochten uns direkt sehr und nach ein paar Wochen hat er seiner Mama gesagt: “Mama, ich hab Yvette genauso lieb wie Dich!” Puh! Das hat Claudia mir selbst erzählt und auch, daß sie dabei natürlich einen Kloß im Hals hatte- aber auch, daß sie sich freut, daß wir uns so mögen. Chapeau! Claudi ist heute Patentante von meiner mittleren Tochter, wir fahren zusammen in Urlaub und sind alle so froh darüber!
    LG, Yvette

    Antworten
    • Leonie Lutz
      2. Juni 2017 12:00

      Dein PUH verstehe ich gut. Wäre mir im ersten Moment sicher auch so gegangen, wenn ich Claudia gewesen wäre. Aber toll, wie sie reagiert hat, denn so muss das sein. Ein kurzes PUH steckt man doch locker weg 😉 Und ich finde, wenn ihr so eng verzahnt seid, dass sie jetzt noch die Patentante deiner Tochter ist, habt ihr einfach ALLES ganz ganz wundervoll gemacht!! Toll!!

      Antworten
  • Wie schön – das gibt mir Mut 🙂

    Antworten
  • Wunderbar. Das freut mich so sehr für Euch! Endlich mal eine Familie, in der es richtig gut funktioniert. Großartig. Das werde ich gleich auf dem Stiefmutterblog teilen. Danke, Susanne

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  • Katrin Hackbarth
    2. August 2017 12:00

    Wow…wow…wow! Es ist ein mutiger Schritt mit Kind den Partner zu verlassen. Aber es ein guter…Ich bin selbst Scheidungskind und es war so schrecklich für mich, da es schon lange nicht mehr schön war. Es ist zu viel passiert und ich habe lange darunter gelitten.Ich war 12 und meine Schwester 10. Ich hatte mit Mitte 20 über 10 Jahre keinen Kontakt mehr zu meinem leiblichen Papa.
    Ich finde es in deinem Artikel schön zu lesen, dass es auch anders und positiv geht. Ich denke auch, dass jeder über seinen eigenen Schatten springen muss.
    Ich finde es wirklich schön, dass ihr gemeinsam und in Absprache alle Dinge organisiert.Hut ab, Leonie! Du bist und bleibst für mich eine tolle Frau. Liebe Grüße Katrin

    Antworten

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