Leben als Hausfrau

Gegenüber Hausfrauen gibt’s viele Hausfrauen Sprüche und vermutlich die meisten Vorurteile. Eines, das sich hartnäckig hält: Du bist den ganzen Tag im Schlafanzug! Das stimmt aber nicht! Nur solange, bis der DHL-Mann kommt!

leben als hausfrau

Leben als Hausfrau

Ich bin momentan Hausfrau und Mutter. Gegen sechs Uhr morgens ist die immer viel zu kurze Nacht beendet. Vermutlich hab ich bis Mitternacht noch irgendeine Serie gesehen, vielleicht auch gebloggt, oder einfach mal Nachrichten und E-Mails beantwortet. Mein Fehler, selbst schuld, werde ich am Morgen denken. In der Nacht bin ich mindestens zweimal aufgestanden und danach nur schwer wieder eingeschlafen. Nein, man gewöhnt sich nicht daran. Und ja, die Optik leidet. Stand der Dinge: Augenringe. Jeden Morgen. Da lob ich mir kleine Beautyhelfer wie den Concealer von Touche Eclat. Er gehört zum morgendlichen Pflegeritual fast schon so dazu, als sei er eine ganz gewöhnliche Augencreme. Ach, ich schweife ab …

Der Mann macht Frühstück, ich zwinge die Große, es auch zu essen. („Dein Körper braucht Energie, sonst kannst du dich in der Schule nicht konzentrieren“ … all diese Phrasen, die uns unsere Eltern auch immer eingebläut haben … ihr kennt das ..)
Die Große hetzt zum Bus, ich übernehme die Kleine, der Mann geht aus dem Haus. Endlich bin ich allein. Kaum zu glauben, dass ich schon seit zwei Stunden auf den Beinen bin. Das Baby legt sich demnächst zum Vormittagsschlaf hin, bis dahin hab ich Stress. Denn alles, was Lärm macht, kann ich nur jetzt bewerkstelligen. Also fix alles saugen, Wäscheständer von A nach B tragen, Spülmaschine ein- oder ausräumen. Im Eiltempo, versteht sich. Dann irgendwann gegen neun ist es soweit – das Baby schläft wieder. Jetzt habe ich die Wahl: Duschen und Anziehen oder ne Tasse Kaffee trinken, den Blog pflegen, vielleicht sogar einen Artikel schreiben …

Ich schreibe und trinke Kaffee.

Das Baby erwacht, wir freuen uns aneinander, es gibt einen kleinen Snackbreak, wir spielen Lego, bauen einen Turm aus Holzklötzen und gucken „Blumen“ in ihren Lieblingsbüchern (Das sind eigentlich Tierbücher, aber sie zeigt am liebsten auf die Blumen …). Es ist mittlerweile 11 Uhr. Bald kommt der DHL-Mann, mein täglicher Begleiter. Als ich kürzlich in der Schlage bei der Post stand und er gerade seinen Kram auslud, sah er mich und rief: „DU?? DU musst dich doch nicht in die Schlange stellen! Gib mir deine Sachen!“ Haha, da regnete es aber böööööööse Blicke von den anderen, die so um mich rumstanden. Leider ging das nicht, waren nämlich keine Retouren (die ich sonst habe, der DHL-Mann kennt mich schon – Meine Güte, wie peinlich … dass er mich direkt mit Retouren in Verbindung bringt…). Ich brauchte an diesem Tag aber ausnahmsweise mal Paketmarken und musste in der Schlange bleiben. Die anderen in der Schlange waren sehr erleichtert!

Der DHL-Mann kommt meistens zwischen halb 12 und halb 2. Nicht auszudenken, wenn ich da noch im Schlafanzug bin. (Nicht, dass es noch nie passiert wäre, aber eben genau deshalb). MiniMenschlein und ich gehen also zusammen ins Bad, Mama duscht, die Kleine spielt mit den Badeenten (Gack, Gack rufe ich immer wieder aus der Dusche und sie freut sich wie Bolle). Schnell anziehen, es klingelt. Der DHL-Mann. Kein Paket für mich, nur für die Nachbarn. Na, toll! Gleich kommt die Große von der Schule, Mist – was koch ich denn jetzt. Beziehungsweise: Was hab ich überhaupt zuhause? Milchreis ist leer, den letzten hab ich gesalzen statt gezuckert. Das war vielleicht ein Drama. Spaghetti gab es gestern erst. Das Gemüse brauch ich für den Abend … ja meine Güte, was koch ich denn?

Ich mache Obstsalat. Ist fix gemacht und lecker. Dazu ein paar Nüsse und Joghurt. Problem gelöst. Wobei, sicher sagt die Große dann „Nur Obstsalat??“

Egal, ab in die Küche und schnibbeln, das Baby räumt derweil alle Küchenschubladen aus.

12.30 Uhr und es sieht wie folgt aus: Die Betten sind nicht gemacht. Im Wohnzimmer liegen Lego, Bauklötze, Puppen und Bücher. Im Badezimmer liegen Badeenten und quer verstreut die Handtücher, die das MiniMenschlein verteilt hat. In der Küche ist der Boden bunt, dort hat die Kleine fein säuberlich meine Tupperwarensammlung ausgebreitet. Aber immerhin ist der Obstsalat fertig und: ICH TRAGE KEINEN SCHLAFANZUG MEHR!

Die Große kommt. „NUR OBSTSALAT?? UND WAS GIBT’S NOCH?“ Herrje … es ist aber auch nicht einfach! „Es gibt noch Nüsse und …“ – ach lassen wir das. ANDERE KINDER WÄREN FROH, ES GÄB SO LECKERE VITAMINE! – heule ich in mich rein.

Wir essen, also die Kinder essen und ich füttere. Ich esse heute Kaffee. Und sollten ein paar Reste übrig bleiben, gibt’s die für mich.

Bald ist wieder Zeit für den Mittagsschlaf des Babys, also schnell alles machen, was Lärm macht. Küche aufräumen, Spülen, da fällt mir ein .. ich muss waschen – herrje, die Wäsche! Das Baby isst noch ein kleines Schälchen Mais. Und wirft es – zu Boden, richtig! Von meinem Saugen am Morgen ist nichts mehr zu sehen. Bingo. Die Große tritt mit ihren Hausschuhen rein und verteilt ihn in der Wohnung. Doppel-Bingo. Ach komm, ich saug nochmal schnell!

Das Baby schläft wieder. Die Große macht ihre Hausaufgaben. Yippie! Meine Chance, dem Chaos zu begegnen. Tschakka! Ich mache die Betten, entdeckte noch mehr Maiskörnchen, die sich mittlerweile mit Legosteinen vermengt haben. Also sammle ich auch die Legosteine ein. Und die Holzklötze. Und alles, was so auf dem Boden liegt.

Baby schläft noch – yeah! Ich lackiere mir schnell die Fingernägel, nutze die Gunst der Stunde. Baby wacht auf. Lack noch feucht! AHHH! Ich lackiere wieder ab.

Die Sonne scheint! Also ab nach draußen! Der Sandkasten wird heiß geliebt. Rein mit uns! Wir machen Eis im Sandkasten! Aber wir lecken nicht dr… – oder doch! Wir gehen wieder rein, waschen dem Kind den Mund aus. Dann bauen wir einen Turm. Pff, wer macht schon Eis im Sandkasten!

Ich entspanne. Die Sonne kitzelt meine Nase, das Baby entdeckt die Welt. Einmal tief durchatmen. Herrlich. Die Große braust um die Ecke. Sie muss ein Plakat für den Musikunterreicht basteln. VOLL VERGESSEN, EY! Und es morgen abgeben. Das kann ja nicht so schwer sein. Ist es auch nicht, nur eben „schwerfällig“. Das größte Plakat, das ich zuhause habe ist DinA3. Sie will aber ein richtiges Plakat. Wir kleben zwei aneinander. Die Kante stört sie, schlechte Laune. Also rolle ich ihr Geschenkpapier aus und sie bastelt das Beethoven-Plakat für Musik. Warum man für den Musik- Unterricht ein Plakat basteln soll ist mir ein Rätsel. Aber sie bastelt, und malt, ihre Spotify-Playlist “HipHop” läuft lautstark dazu, immer wieder tanzt sie ihre Mooves ins Wohnzimmer und braucht irgendwas. Aber dann, nach mehreren Stunden, ist es fertig (und sie wird es übrigens am nächsten Morgen vergessen und mich heulend anrufen, ich solle es doch bitte zur 5. Stunde in die Schule bringen).

Zwischendurch füttere ich das Baby und wir schauen wieder Bücher und bauen Türme aus Lego, die sie mir dann wieder entgegen wirft (Hattet ihr schon mal Lego im Gesicht? Das tut echt weh!). Gegen halb sechs werde ich nervös. Das Abendessen muss gekocht werden. Ich fühle mich schon beim Gedanken daran tierisch gestresst und entscheide mich gegen eine Thai-Pfanne und für Grillgemüse aus dem Ofen. Da muss ich nur das ganze Gemüse aus dem Kühlschrank klein schnibbeln, dazu gibt’s einen leckeren Dip, fertig. Mach ich also alles im Eiltempo, während die Große neben mir ewig mit der besten Freundin telefoniert (“Mama, kannst du ein bisschen leiser sein?”), aus ihrem Zimmer parallel noch immer irgendeine Playlist dröhnt und das Baby einen Tobsuchtsanfall hat, weil ich ihm das iPhone weggenommen habe. Ich sterbe vor Hunger und schiebe mir die roten Paprika-Stücke schnell in den Mund, die eigentlich fürs Grillgemüse vorgesehen waren.

“Und Schatz, hattet ihr einen gemütlichen Tag?” Der Mann ist da. JAAA! TOTAL GEMÜTLICH!!!
Das ist faktisch auch korrekt, denn: Heute war ich nicht einkaufen. Ich war auch nicht bei irgendeinem Arzt mit den Kindern. Es war kein Elternsprechtag, es steht kein Elternabend an. Ich habe heute auch nicht gearbeitet – im klassischen Sinne, versteht sich. Es war einfach nur ein „ganz gemütlicher Tag“, da ist der Mann absolut korrekt informiert! Er meint das ja auch weder böse, noch provokativ. Er kann es ja nicht besser wissen. Außerdem ist er der Beste Mann ever und wir haben nun derzeit die Aufteilung, dass ich bei den Kids bin. Ich wollte es also genau so. (Und by the way – ich ziehe meinen Hut vor allen 3- und Vierfachmamis und alles, was darüber hinaus geht!). Unterschätzt hab ich das schon, den Alltagswahnsinn. Denn dieser Tag ist noch nicht zu Ende …

19.30 Uhr: Baby im Bett, endlich Feierabend, große Freude
20.16 Uhr: Baby weint. Schnuller rein, trösten und leise davon
20.30 Uhr: Ich bringe die Große ins Bett. Ein schöner Moment, wir kuscheln uns in ihr Bett und erzählen vom Tag.
20.45 Uhr: Baby brüllt wie am Spieß. Baby rausholen, trösten, wieder hinlegen
20.50 Uhr bis 21.55 Uhr: Baby nörgelt Einschlafsprache. Sitze vor der Tür und lausche.
22.10 Uhr: Baby weint sehr doll. Wieder trösten, Windel machen, zu mir ins Bett legen.
22.30 Uhr: Baby schafft alle Kissen aus dem Bett (baut sich ne Burg??), zieht an meinen Wimpern, zwickt in meine Lippen, reißt mir an den Haaren, dreht sich um 180 Grad.
22.55 Uhr: Mama ist müde. Baby wieder ins eigene Bett. Baby quengelt. Mama quengelt jetzt auch.
23.11 Uhr: Baby ruhig.
1.30 Uhr: Das Baby bollert mit den Fäustchen gegens Babybett und „singt“
3.45 Uhr: Zwischenzeitlich war ich zig mal beim Baby und lege mich nun wieder hin.
6.15 Uhr: Wir stehen auf.

Stand der Dinge: Augenringe. HEUTE BLEIBE ICH IM SCHLAFANZUG!

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21 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Toller Beitrag, klasse geschrieben, trifft genau den Nerv jeder “stay-at-home” Mama! Viele Gruesse! Claudia (mammamiamitzweimaeusen.wordpress.com)

    Antworten
  • Kathrin Bentley
    6. April 2015 12:00

    Genialer Artikel – exakt dasselbe Programm bei uns hier, jeden Tag. Es sei denn Arztbesuch oder Elternabend stehen an! 🙂

    Antworten
  • Hallo Leonie,
    kannst Du mir sagen, woher Du die tolle Hose hast?

    Antworten
  • Aahhh… großartig! Wunderbar geschrieben und wie immer den Nagel auf den Kopf getroffen!

    Antworten
  • Wunderbar!

    Antworten
  • Hach…woher kennst du nur meinen Alltag so gut. Plus Abends arbeiten fehlt noch xD :O
    :)) Toller Artikel!

    Antworten
    • Leonie Lutz
      5. April 2017 12:00

      Hallo Lalarella, ich glaube, es geht vielen ähnlich, so ist jedenfalls das Feedback bei Instagram … 🙂 Aber immer gut zu wissen, das man mit den “gemütichen Tagen” nicht allein ist. Ich arbeite mittlerweile auch ausschließlich am Abend. Das ging an besagtem Tag aus den gegebenen Gründen oben nur leider nicht ;)) Alles Liebe für dich und halte durch! Leonie

      Antworten
  • was für ein grandioser Beitrag!!! Das mit dem Nagellack … Haha ich musste so lachen!
    Bist eine richtig tolle Mami!
    Liebe Grüße

    Antworten
    • WUNDERBAR! Der Lackier-Effekt hat mir auch am Besten gefallen – und dabei ist es egal, wann man sich die Nägel lackiert.

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      • Leonie Lutz
        7. Mai 2017 12:00

        Hallo Lina! Ich hab mir jetzt ein Schnelltrocken-Spray bei dm angeschafft. Funktioniert und tatsächlich bin ich immer fertig, wenn Mini aufwacht 🙂

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    • Leonie Lutz
      7. Mai 2017 12:00

      Danke für deine süßen Worte!

      Antworten
  • From Munich with Love
    5. April 2017 12:00

    Oh ja, ich musste auch mehrmals lachen! Toll geschrieben! So gemütlich kann man es als Hausfrau haben 😉

    Antworten
  • Swenja Koch
    7. April 2017 12:00

    Mein DHL Mann hat auch gekündigt und die Konstante zwischen 11h und 11.30h fällt weg…. Zum Glück kommt in 7 Wochen Baby Nr.3… Dem neuen DHL Mann kann man nämlich getrost in Schlafanzug die Türe öffnen;-)

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    • Leonie Lutz
      7. Mai 2017 12:00

      Was ist denn da los bei DHL, dass die alle kündigen? Mensch, Swenja, der Sache sollten wir mal auf den Zahn fühlen… 🙂

      Antworten
  • Elaundpurzel
    10. Mai 2017 12:00

    Vielen lieben Dank für den Tag im Schlafanzug.
    Das ist Balsam für jede Mama.
    Purzel hat schnupfen und schläft seit drei Tagen nicht, ich werde heute tatsächlich erstmal im Schlafanzug bleiben.
    Und später skandalös auf jogginghose umsteigen.
    Ohne die übliche schminke.
    Ich wünsche allen einen gemütlichen Schlafanzug -Tag 🙂

    Antworten
  • Lena • lb.bloom
    5. Februar 2018 12:00

    Grandios!! Vor allem die Stelle mit dem Eis 😂 Der Paketmann winkt mir übrigens auch schon von weitem freundlich zu, wenn wir uns mal woanders als an der Haustür begegnen 😉

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  • Einfach zu gut geschrieben 😂 ich weiß genau was du meinst und musste innerlich schmunzeln!
    Hab zwei Kleinkinder, da werden Pampers & Co im Accord gewechselt! Lebe zusätzlich für mich in einem neuen Land inkl Mann der kaum da ist 😂 aja auch keine Familie drum herum 👍JackPot! Aber das klappt schon irgendwie! Einfach ein paar ganz ‚entspannte Tage‘ 💕

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