Tag 2 in Kambodscha: Alles, nur nicht einfach
Sherree, sie ist hier unser Guide und betreut vier Kinderdörfer, bringt uns mit Einheimischen zusammen. Sie weiß, wo Hilfe benötigt wird. Sie weiß, wo es an Basics fehlt, die wir zuhause als so normal betrachten, dass es mich umhaut, zu sehen, wie viel Freude wir hier den Menschen machen, weil wir Zahnbürsten, Zahnpasta und Seife bringen.
Auf etwa 50 Kinder sind wir vorbereitet, über 80 kommen schließlich. Sie haben ihre Eltern dabei, die – genau wie ihre Kinder – sehr aufgeregt sind.
Tobi Vorwerk spielt auf seiner Gitarre, wir singen und tanzen mit den Kindern zuerst, das löst die aufgeregte und angespannte Stimmung etwas. Ich weiß nicht, ob die Kinder und ihre Eltern auch angespannt sind. Ich bin es.
Es ist ein seltsames Gefühl. Ich bin hier, sehe Bilder, die mir irgendwie nicht fremd sind. Es ist, als wäre ich Teil einer Dokumentation über Kambodscha – und bin selbst mittendrin. Es ist nah und doch so fern, ich möchte sie am liebsten alle in den Arm nehmen und einmal feste drücken. Aber es sind zu viele Kinder, und ich kann sie ja nicht alle drücken. Ich kann ihnen ein Lächeln schenken, einen Keks, eine Zahnbürste, Seife.
Tag 2 in Kambodscha: Alles, nur nicht einfach
Joachim und Katharina haben eine Patenschaft für zwei Mädchen über die CFI Kinderhilfe. Es ist das erste Mal, dass sie eine Reise wie diese machen können. Sie haben sich sehr gut auf diesen Moment vorbereitet. Katharina hat Zahnbürsten, Becher und Zahnpasta in Deutschland besorgt und diese mitgebracht. Ebenso Seife für Familien und Rasierer für die Männer. Es ehrt mich, dass ich das Paar kennenlernen darf. Beide sind in Rente, sie haben endlich Zeit zu Reisen und endlich auch die Chance, ein Kinderdorf zu besuchen. Das ist nicht einfach, da diese Dörfer anonym bleiben müssen – aus Sicherheitsgründen, um die Kinder zu schützen.
WAS WIR TUN KÖNNEN
Katharina hat ihr Leben lang als Erzieherin im Kindergarten gearbeitet, hier in diesem kleinen Dorf im Umland kann sie direkt die Kinder zum Tanzen und Singen bewegen. Sie weiß, wie man Sprachbarrieren spielerisch überwindet. Dennoch haben wir Übersetzer dabei. Das hilft ganz besonders bei den Workshops, wenn es darum geht zu erklären, wie man eigentlich die Hände wäscht. Wieso man die Zähne putzen sollte, wann genau und wie das überhaupt geht. Es mag sich seltsam anhören, aber als ich all die strahlenden Kinder sehe, die zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl von Zahnpasta und Zahnbürste in ihrem Mund spüren, bin ich sehr bewegt. Für einen Moment muss ich mich aus der Situation zurück ziehen, ich weiß nicht wie es die Menschen verstehen würden, wenn ich hier stehe und heule und diese doch gerade so glücklich sind.
Es ist ein wahnsinnig heißer und schwüler Tag. Die Hitze macht meinem Kreislauf zu schaffen. Die Erlebnisse tun ihr Übriges. Jetzt in diesem Moment empfinde ich eine große Dankbarkeit darüber, dass ich hier sein darf. Dass Andreas von Amigo Spiele mich gefragt hat, ob ich diese Reise antreten möchte. Dass mir Amigo überhaupt ermöglicht, hier zu sein.
Gut geht es mir irgendwie trotzdem nicht. Ich merke einfach, dass wir in Europa viel zu wenig tun für diese Kinder. Wir haben sie einfach nicht auf dem Schirm, sagen uns „man kann ja nicht überall helfen“ oder „Wir haben ja alle unsere Probleme“, aber dass wir hier in Kambodscha mit geballter Wucht eine Menge verändern können, dass man im Kleinen wirklich viel bewegen kann, wenn man VIELE ist, dass eine Zahnbürste, Zahnpasta und Seife für so viel Freude sorgen, das ist bemerkenswert und für mich ein Ansatz, mit meiner Hilfe weiter zu machen.
SPENDE ODER PATENSCHAFT?
Den ganzen Morgen sind wir mit dem Bus hier ins Umland gefahren, vorbei an Hütten, Häusern, – und ja, auch vorbei an Bruchbuden. Einerseits ist mir natürlich bewusst, dass die Menschen hier es nicht anders kennen. Dass sie keine Vergleiche zur westlichen Welt ziehen, wie ich das tue. Ich sehe aber auch, dass etwas passieren muss. Dass wir unseren Weihnachtskonsum überdenken, ein paar Euros spenden oder sogar eine Patenschaft übernehmen sollten.
Auf meine Videos bei Instagram erhalte ich die ganze Nacht Nachrichten. Es ist unbeschreiblich, wie alle mitfiebern, mitfühlen und sich überlegen, wie wir schnell helfen könnten. Da kommen jede Menge Vorschläge und Fragen, daher möchte ich kurz darauf eingehen. Spenden: Sind natürlich möglich und sinnvoll, ich habe unten alles zusammen getragen. Hier finde ich eben toll, dass es auch nur 2 oder 3 Euro sein können. Auch 5 oder 10 tun den wenigsten weh. Was uns wenig erscheint, bewegt hier aber sehr viel!
Patenschaft: Dazu haben mich auch viele Fragen erreicht. Und natürlich ist das für die Kinder am besten. Katharina und Joachim, von denen ich oben berichte, haben ja genau so eine Patenschaft seit vielen vielen Jahren. Für die Kinder ist diese Art der Hilfe am nachhaltigsten, weil die Organisation sich natürlich drauf verlassen kann, dass da die Unterstützung kommt und somit sehr durchgängig das Leben mit dem Kind planen kann. Vor allem in Sachen Schulbesuch und Bildungsprogramm. Ich bin mit Anja Lemmermann hier, sie kümmert sich um alle Paten. Die Patenschaft kostet monatlich 37 Euro. Wenn ihr Interesse habt, könnt ihr hier mehr erfahren und findet auch Anjas Kontaktdaten.
Sachspenden: Es kamen gestern auch viele Fragen zu Sachspenden auf. Bzw. die Idee, dass wir in Deutschland Zahnbürsten sammeln, diese dann hier her schicken. Leider käme ein Paket wie dieses nie an. Überhaupt ist der Postweg aus Deutschland die unzuverlässigste Möglichkeit zu helfen. Die Adresse des Kinderdorfes darf man auch nicht rausgeben, so dass eben jeder immer mal wieder etwas schickt. Bei 95 Kindern im Dorf wäre das natürlich auch ungerecht, wenn einer etwas bekommt, der andere nicht. Und wie gesagt, die Adresse muss anonym bleiben, aus Sicherheitsgründen und um die Kinder zu schützen.
Insofern ist eigentlich die Hilfe via Spende oder Patenschaft am Sinnvollsten. Mit der Spende wird nicht nur Essen gekauft. Es werden – und das ist eben auch sehr sehr wichtig – auch die Lehrer bezahlt, die die Kinder jeden Tag unterrichten, damit sie es dank Bildung schaffen, nicht in die Armut abzurutschen.
KEIN TAG WIE JEDER ANDERE
Die Reaktion der Freude über die Zahnbürsten überwältigt mich. Wie unfassbar, dass wir mit so einem Basic den Kindern hier so eine Freude machen!
Am Nachmittag besuchen wir Flourish, eine Organisation, die sich um verstoßene, alleinerziehende Frauen und ihre Kinder kümmert.
In dieser kleinen Anlage werden alle zu Näherinnen ausgebildet, Puppen und Taschen aus alten Stoffen genäht, was dem Projekt ermöglicht, sich komplett zu refinanzieren. Weil unser Guide Sherree aus Australien kommt und weil sie auch diese Frauen hier betreut, hat sie den Kontakt zu einer Schule in Australien hergestellt – so werden mittlerweile hier auch Schuluniformen genäht.
All diese Frauen haben Kinder. Die Spielen im großen Garten. Es gibt einen Ball. Keine Schaukel, keine Rutsche. Und doch sind diese Kinder immer ins Spiel vertieft. Ich bin beeindruckt mit welcher Leichtigkeit und Freude sie sich einfach beschäftigen. Es gibt bis auf den Ball eben nichts, allenfalls die eigenen Flipflops die zum Spiel hoch und runter geworfen werden, oder kleine Insekten, die sie versuchen zu fangen. Fahrräder mit Platten, die nicht benutzbar sind, auf denen die Kinder aber einfach sitzen und das Treiben der anderen beobachten.
In diesem Land ist alles anders. Die Baugerüste sind aus Bambus. Ganze Familien teilen sich einen ganzen Roller, statt Auto – zu viert, zu fünft.
Viel Müll liegt an den Straßen, abgemagerte Kühe stehen drum herum, um Futter zu finden. Alte Cola-Glasflaschen stehen am Straßenrand, gefüllt mit Benzin, weil nicht immer eine Tankstelle in der Nähe ist. Ich sehe prunkvolle Paläste – und nebenan Hütten, die noch nicht einmal ein Dach, allenfalls ein Netz mit ein paar Tüchern haben.
Es ist ein großes Gefälle zwischen Arm und Reich. Hier und da sieht man ein dickes Auto. Selten, aber es gibt sie.
Kambodscha ist aber auch das Land der Lotus-Blüten-Felder, Hängematten und Gelassenheit, Menschen denen die Familie am Wichtigsten ist, die eine gute Work-Life-Balance haben. So schließen hier einfach alle Läden um 18 Uhr. Der Tag beginnt ja immerhin früh genug, dann wenn es nämlich hell wird. Das ist momentan meistens gegen 5.30 Uhr.
Auch meine Tage sind lang. Wir stehen früh auf und sitzen abends lange zusammen. Für uns alle sehr wichtig, denn wir alle erleben und sehen das hier zum ersten Mal hautnah. Wir müssen uns austauschen und besprechen, was wir am Tag erlebt haben. Einig sind wir uns: es ist schön, dass wir hier sind. Es ist gut und wichtig. Wir möchten alle unsere Kräfte mobilisieren, auf die Kinder in Kambodscha aufmerksam zu machen.
IN EIGENER SACHE
Als ich diesen Text schreibe, geht mein Laptop kaputt. Der denkbar ungünstigste Zeitpunkt. Ich schreibe also an meinem Telefon, es kann sein, dass sich Fehler eingeschlichen haben oder manchmal Links nicht funktionieren. Ich trage das nach, sobald ich einen Computer auftreiben kann.
IHR MÖCHTET HELFEN?
Wenn ihr für die CFI Kinderhilfe und das Kinderdorf in Kambodscha spenden möchtet, dann könnt ihr das per Paypal machen: www.paypal.me/cfikinderhilfe
Auch möglich ist eine SMS-Spende über 3 Euro: Sendet einfach eine SMS mit dem Text „CFI“ an die Nummer 81190.
Es gibt auch die Möglichkeit einer Online-Mikrospende über 2 Euro. Hier findet ihr weitere Infos: http://www.cfi-kinderhilfe.de/mikrospende/?zwei-euro/spende
Wer lieber überweist, kann dies auf dem Spendenkonto tun:
CFI Kinderhilfe
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN DE19660205000008753503
BIC/Swift: BFSWDE33KRL
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Meine Liebe Leo, du tust das was man tun kann, du erzählst davon. Das ist eine wichtige und gute Aufgabe und sie kann was bewegen, denn so schafft man Aufmerksamkeit und kann andere animieren zu helfen. Danke für das Engagement und das Erzählen vor Ort. Ich bin immer wieder ein Fan deiner Emotionalität. LG alu
Hach das hast du schön gesagt. Danke, Alu!
Liebe Leonie, Danke fürs Aufschreiben und Erzählen. Danke für Deine Offenheit, was die Reise mit Dir macht. Das alles macht Deinen Reisebericht hier und auf Instagram und in den Instastories sehr unmittelbar für mich und ich bin sehr berührt. Auf was für einem hohen Ross wir alle hier in Europa sitzen! …
Eine kleine sms-Spende habe ich eben sofort getätigt. Ich freue mich auf noch mehr Berichte von Dir.
Liebe Sonja, bin dir und allen anderen sehr sehr dankbar, dass ihr die Reise so verfolgt habt. Die große Resonanz zu den Videos bei Instagram hat mich wahnsinnig überwältigt. Das war ganz ganz toll, so viele Menschen zu bewegen, obwohl es ein trauriges Thema ist. DANKE! Leonie